Home
Persönlichkeit
Schauspiel
Regie
Film
Radio/Hörspiel
Programme
Darstellendes Spiel


Laientheater
Schauspielunterricht
als Autor


Kontakt
Impressum
Datenschutz


Zurück zur Übersicht



Marburg. 250 Zuschauer sahen am Samstag in der nur zur Hälfte gefüllten Stadthalle die Premiere des Weihnachtsmärchens "Die Schneekönigin".
In den kommenden Wochen werden die Ränge allerdings gefüllt sein: Fast 14000 Karten wurden bereits abgesetzt.
von Uwe Badouin
"Die Schneekönigin" von Jewgeni Schwarz nach einem Märchen des dänischen Romantikers Hans Christian Andersen kommt in der Fassung des Regisseurs Peter Meyer als schrille Komödie mit Musik vom Band daher, deren Gag-Füllesich allerdings in erster Linie Erwachsenen erschließen wird. Die "Großen" amüsierten sich bei der Premiere köstlich über einen dem Wahnsinn nahen König - herrlich überdreht angelegt von Michael Boltz -, über ein urkomisches Räubertrio, das Gesang jeder Art profanen räuberischen Tätigkeiten wie Plündern und Zerstören vorzieht. Auch einen Riesenelch mitder imitierten Stimme von Helge Schneider erlebt man auf der Bühne ebenso selten wie Räuber, die mit einer Verdi-Arie auf den Lippen auf Raubzug gehen. So gesehen ist Meyers "Schneekönigin" eine urkomische Farce.
Allerdings ist das Stück nicht als Komödie oder Parodie im Spielplan angekündigt, sondern als Familienstück zu Weihnachten, das in den kommenden Wochen vor allem Grundschulkinder sehen werden. Doch auch die Kinder kommen in dieser Produktion nicht zu kurz: Die originellen Bühnenbilder von Axel Pfefferkorn sowie bunte und prächtige Kostüme bieten allerhand fürs Auge: So trägt beispielsweise die Schneekönigin (Nadine Pasta) eine glitzernde Krone aus Eiszapfen und einen strahlend-weißen Pelz. Meyer ist mit seinem Team der Spagat gelungen, ein Märchenstück zu inszenieren, das sowohl Sechsjährige fesseln als auch Elfjährige unterhalten soll. Gruselig ist es selbst für die Kleinsten nur in ganz wenigen Szenen, denn der Schneekönigin fehlt das bedrohliche Moment. Auch der Kommerzienrat, von Bernhard Hackmann als Karikatur eines geldgierigen Kapitalisten interpretiert, kann Sechsjährige zwar kurz erschrecken, lockt Elfjährigen jedoch nur ein müdes Lächeln hervor. Gleichwohl sollten die Kinder die Geschichte zumindest in groben Zügen kennen: Mitten im Winter blüht im Haus von Gerda (Johanna Bönninghaus), Kai (Harald Preis) und Großmutter (schrullig: Jürgen Helmut Keuchel) ein Rosenstrauch. Der Kommerzienrat will ihn haben, bekommt ihn aber nicht, schwört Rache und wendet sich an die Schneekönigin. Die entführt Kai, und Schwester Gerda macht sich auf, den Jungen zu retten, bevor er so hartherzig wird wie der Kommerzienrat. Dabei trifft sie auf den paranoiden König, eine lispelnde Prinzessin, einen Prinzen im Mini-Hermelin, ein geteiltes Schloss, auf Räuber mit ihrer monströsen Hauptmännin (Stefan Gille) und auf eine richtig sympathisch-freche Räubertochter, die Regina Leitner ebenso gut spielt wie ihre zweite Rolle: eine komische Krähe.
Insgesamt ist "Die Schneekönigin" ein herrlicher Spaß mit Happy End: Hänsel und Gretel treffen auf den Humor der englischen Kultgruppe Monty Python. Hans Christian Andersen würde sich vermutlich im Grabe umdrehen, wenn er das wüsste. Aber vielleicht hätte auch er gelacht.


Eisige Kälte: Die Schneekönigin
Marburg * (spi)
Wen die Schneekönigin küßt, dem gefriert das Herz. Den Jungen Kai ereilt dieses Schicksal. Plötzlich wirft er seiner Schwester Gerda vor, eine Heulsuse zu sein. Die Großmutter nennt er eine Watschelente. Sein Herz ist am Erfrieren. Gerda macht sich auf, um ihn zu retten. Dabei muss sie einige Hürden überwinden.
Pünktlich zum ersten Advent hat das Hessische Landestheater Hans Christian Andersens Märchen "Die Schneekönigin" zur Aufführung gebracht. Unter der Regie von Peter Meyer feierte das Stück in der Theaterfassung von Jewgeni Schwarz am Samstag (30. November) in der Stadthalle eine eisige Premiere.
70 Minuten lang gab es mit einem abwechslungsreich bunten Bühnenbild von Axel Pfefferkorn, der manchmal aufreibenden Geschichte und dem Einsatz von viel Musik eine Menge zu staunen. Ein Höhepunkt für die Kleinen wie auch ihre Eltern, mag das Mitsingen in Gerdas Kanon gewesen sein. Mit viel Einsatz animierte Johanna Bönninghaus in der Rolle der Gerda das Publikum dazu, mit ihr "Ich fühl mich klein, oh weh, oh weih, wo ist denn mein Bruder Kai?" zu singen.
Gerda wird von Räubern gefangen genommen, rettet jedoch mit deren Hilfe am Ende ihren Bruder aus den Fängen der Schneekönigin und bringt die Schneekönigin zum Schmelzen.
Besonders schaurig böse erscheint Nadine Pasta in der Rolle der Schneekönigin. Gekonnt changiert sie mit ihrer tiefen Stimme und erhält am Ende ob dieser Überzeugungskraft von den Kindern wenig Applaus. Schade, dass die Schneekönigin in dem nach ihr betitelten Stück nur an Anfang und Ende auftaucht. Insbesondere n der letzten Szene wäre ihre Wirkungskraft noch mal schön zu nutzen gewesen. Stattdessen wurde viel Zeit auf die Räuberszenen verwendet, die dem Erzählfluss jedoch wenig nützen. Den Kindern dürfte diese Feinheit egal gewesen sein. Viele vor Staunen weit aufgerissene Münder waren in den Zuschauerreihen zu sehen. Ein paar Tränen flossen aber auch schon mal, wenn es gar zu gruselig wurde.


Die Schneekönigin

Das Weihnachtsmärchen des Hessischen Landestheaters Marburg von Jewgeni Schwarz nach Hans Christian Andersen

aus dem Russischen von Gerda Zschiedrich

Inszenierung: Peter Meyer
Ausstattung: Axel Pfefferkorn
Dramaturgie: Anne-Kathrin Guder

Schneekönigin / Prinzessin: Nadine Pasta
Kai / Prinz / Räuber: Harald Preis
Gerda: Johanna Bönnighaus
Großmutter: Jürgen Helmut Keuchel
Kommerzienrat: Bernhard Hackmann
Rabe / Räuber: Arthur Werner
Krähe / Räubermädchen: Regina Leitner
König / Räuber: Michael Boltz
Räuberhauptmännin / Stimme des Rentiers: Stefan Gille

Das Märchenspiel Die Schneekönigin von Jewgeni Schwarz (1896 - 1958) haben sich Peter Meyer (Regie) und Axel Pfefferkorn (Ausstattung) als diesjähriges Familienstück des HLT zur Vorweihnachtszeit ausgesucht. - Das Märchen erzählt die Geschichte der Geschwister Gerda und Kai, die behütet bei ihrer Großmutter leben. Die Geborgenheit ihres Alltags wird jäh durch den selbstsüchtigen, mächtigen Kommerzienrat unterbrochen, der von der Großmutter den im Winter blühenden Rosenstock kaufen will. Als diese und die Kinder den Eindringling zurückweisen, schwört er Rache: Er schickt die Schneekönigin. Ihren betörenden, aber auch unheimlichen Verführungskünsten erliegt Kai. Er küsst sie, sein Herz wird kalt und er folgt der Königin schließlich wie verzaubert in ihr Eisreich. Gerda findet sich mit dem Verschwinden ihres Bruders nicht ab. Sie geht in die Welt hinaus, um ihn zu suchen. Ihre Großmutter, ein Rabe, eine Krähe, ein Rentier, ein verspielter Prinz mit seiner Prinzessin, vor allem aber ein furchtloses Räubermädchen helfen ihr gegen einen trickreichen, skurrilen König, lustig-wilde Räuber und den bösen Kommerzienrat, Kai zu finden und schließlich die Macht der Schneekönigin zu brechen. Der Rosenbusch, den die eisige Kälte der Schneekönigin welken ließ, kann am Ende wieder blühen.

Regisseur und Bühnenbildner haben sich für eine im Wesentlichen traditionelle Inszenierung des Märchenstücks entschieden und knüpfen damit an Bilder von Märchenfiguren und -situationen an, die die jungen Zuschauer sicherlich aus Fernsehfilmen und Büchern kennen. So sind Gerda und Kai, überzeugend dargestellt von Johanna Bönninghaus und Harald Preis, typische Kinder aus der "Es war einmal ..."-Welt: brav, unschuldig, liebenswert, Märchenkinder bis in die Sprechweise, Gesten und Kleidung hinein. Zusammen mit ihrer Großmutter verkörpern sie ein Stück heiler Welt und bieten damit gerade den jüngeren Kindern Identifikationsmöglichkeiten. - Aber, auch das kennen Kinder und Jugendliche als Märchenstereotyp, die friedliche Großmutterwelt wird durch das Böse von außen verunsichert und bedroht. Die Inszenierung macht das durch die schwarze Gestalt des geldgierigen Kommerzienrats und die eisig glitzernde Schneekönigin in spannungsvoller Weise deutlich. - Unheimliches, Düsteres und Gespenstisches dürfen in einem Märchenstück nicht fehlen. Das Schloss, in das Gerda auf der Suche nach ihrem Bruder gelangt, bietet dafür mit einer Riesenspinne, mit Ritterrüstung, alten Waffen, geheimnisvollen Türen und einer rot leuchtenden magischen Lichterkette die gruselige Kulisse. - Das alles muss in einem Vorweihnachtsmärchen durch lustige und witzige Szenen geschmückt und zusammengehalten werden. Der Inszenierung gelingt das dank eines spielfreudigen Ensembles mit vielen schauspielerischen Kabinettstückchen. Eindrucksvoll sind dabei der respektierliche Rabe, die vornehme Krähe, die eher ängstliche Räuberbande und das frech und knallig auftretende Räubermädchen, eine Göre, die an Pippi Langstrumpf erinnert und von Regina Leitner liebevoll-wild dargestellt wird. - Natürlich hat Peter Meyer ein großes Happy End auf die Bühne gebracht. "Ihr müsst an euch glauben und Mut haben", sagt das Riesenrentier zu Gerda. Und so stürmt diese nach dem Motte "Gemeinsam sind wir stark" zusammen mit den Räubern den Eispalast der Schneekönigin, bringt ihn - eines der gelungensten Bilder der Inszenierung - zum Schmelzen und Einstürzen und befreit ihren Bruder Kai. Ein fetziger Disco-Tanz auf der Bühne beschließt den guten Ausgang.

Mit einer Mischung aus kindgerechten märchenhaften Szenen für die eher Jüngeren und karikierenden Überzeichnungen von Figuren und Situationen für die älteren Kinder ist Peter Meyer in der Tat ein "Familienstück zur Vorweihnachtszeit" gelungen. Lernen jedenfalls können Kinder, Jugendliche und Erwachsene etwas, wenn die Räuberchefin als ihre Botschaft verkündet: "Kinder muss man verhätscheln, dann werden sie zu richtigen Räubern heranwachsen."

B. / H. Fuchs

Zurück zur Übersicht