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Gut 30 Erwachsene spürten am Dienstagabend in einem Klassenzimmer der Friedrich-Ebert-Schule wachsende Beklemmung bei der gelungenen Premiere von"Klamms Krieg".
von Gabriele Neumann
Sechs Punkte wären nötig gewesen. Weil er aber ein schlechter Schüler war, bekam Sascha nur fünf Punkte in der Deutsch-Klausur - und fiel beim Abitur durch. Kurz darauf erhängte er sich. Ein Jahr später macht der nächste Abiturjahrgang Deutschlehrer Klamm für den Selbstmord verantwortlich und erklärt ihm den Krieg: Schweigen schlägt ihm entgegen, als er in die Klasse tritt. Schweigen schlägt auch Thomas Streibig als Lehrer Klamm in einem Klassenraum der Jahrgangsstufe 9 in der Friedrich-Ebert-Schule entgegen. Zwei Paar Scheinwerfer sind das einzige "Bühnenbild" in der authentischen Inszenierung von Peter Meyer. Sie leuchten Thomas Streibig aus den Stuhlreihen an, wenn er zunehmend verzweifelt versucht, dem Grund der Ablehnung durch die Schüler auf die Spur zu kommen. Denn Lehrer Klamm ist sich keiner Schuld bewusst, er hat getan, was er als Lehrer tun musste, Leistung bewertet und Punkt. Zunehmend größer wird die Lücke zwischen den Worten und der Gestik des Pädagogen. "Sie wollen mich fertig machen, das schaffen Sie nicht", deklamiert er - und demonstriert mit eingesunkenen Schultern und leerem Blick doch das genaue Gegenteil. Streibig in dunkler Hose, hellem Sakko und hellem Hemd spielt keinen Deutschlehrer, er ist einer. Und deshalb wächst mit jeder Unterrichtsstunde und jedem Anschalten der Scheinwerfer die Beklemmung in den Stuhlreihen des "Schüler"-Publikums. "Heute weiß ich, dass auch Lehrer Menschen sind, die ihre Schwachen haben", sagt Klamm an einer Stelle, und vermittelt doch den Eindruck, der Lehrer müsse ein höheres Wesen sein, dessen einziger Zweck in der Vermittlung von Wissen besteht. Letztlich scheitert Klamm an dieser Kluft - beurlaubt nach einem Trink- und Brüll-Exzess vor der Klasse. Meyer scheiterte nicht mit der sparsamen Inszenierung. Bedrückend nah an der Realität fand eine Lehrerin das Stück, einer Kollegin sei einmal eine ähnliche Mauer des Schweigens entgegengeschlagen. Die karikaturhafte Schilderung der Kollegen in Kai Hensels Stück sorgte fur die wenigen Lacher während der 50 Minuten dauernden "Schulstunde". Streibigs Solo-Leistung sorgte für den lang anhaltenden Applaus. In Marburg geht "Klamms Krieg", 2000 in Dresden uraufgeführt, 2002 mit dem deutschen Jugendtheaterpreis ausgezeichnet, und 2003 als Gastspiel bei den Marburger Kinder- und Jugendtheatertagen gezeigt, ab heute auf Schul-Tournee. In der Käthe-Kollwitz-Schule sehen Konditoren und Hotelfachschüler Thomas Streibig im Kampf mit Werten und Normen.



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